Doppelbotschaft

Als Doppelbotschaft (auch doppelte Botschaft oder Doppelbindung; englisch double bind) bezeichnet man in der klinischen Psychologie, der Sozialpsychologie und der Kommunikationswissenschaft ein dysfunktionales (bei häufiger Verwendung pathologisches) paradoxes Muster zwischenmenschlicher Kommunikation,[1] das häufig in „gestörten“ Beziehungen auftritt.[2][3] Der Begriff „Doppelbotschaft“ bezieht sich auf die kommunizierte Information, der Begriff „Doppelbindung“ auf das dadurch ausgelöste Reaktionsmuster, siehe → Doppelbindungstheorie.[4]

Doppelbotschaften stellen eine Kommunikationsfalle dar, weil sie – meist auf unterschiedlichen Kommunikationsebenen, wie Inhaltsebene (meist verbal) und Beziehungsebene (häufig paraverbal oder nonverbal) – zwei Botschaften gleichzeitig vermitteln, die einander widersprechen und sich gegenseitig ausschließen.[5][6] Die widersprüchlichen Botschaften können dabei vom Inhalt der gesprochenen Worte, dem Tonfall, der Gestik, der Mimik oder Handlungen ausgehen.[7]

Der Empfänger solcher Botschaften steht vor dem Dilemma, wie er sich verhalten soll, weil er nicht beide Botschaften gleichzeitig befolgen oder für wahr halten kann und ihm unklar ist, welche der Botschaften er beachten soll. Meist kann er die Zweideutigkeit dieser Botschaft nicht bewusst erkennen, also beispielsweise die Diskrepanz zwischen (verbalem) Inhalts- und (nonverbalem) Beziehungsaspekt, und hat keine Möglichkeit, adäquat darauf zu reagieren.[3][8] Eine solche Kommunikation erzeugt beim Empfänger Verwirrung, Unsicherheit, Stress und kann, wenn Doppelbotschaften häufig verwendet werden, unter Umständen den Empfänger dieser Botschaften langfristig krank machen oder schwere Beziehungsstörungen auslösen[9][10]. Doppelbotschaften können in manipulativen Beziehungen[11] dazu eingesetzt werden, den Partner ins Unrecht zu setzen, zu kritisieren, abzuwerten, zu verunsichern (und letztendlich zu schwächen), da dieser nicht richtig handeln kann und zwangsläufig gegen eine der beiden Botschaften verstoßen muss.[12] Doppelbindungen können in der Eltern-Kind-Beziehung bei der Entstehung von Bindungsstörungen eine wichtige Rolle spielen, z. B. bei emotionaler Vernachlässigung oder emotionaler Misshandlung, im Rahmen von Kindheitstrauma oder kollusiven Beziehungsmustern[13] in partnerschaftlichen Beziehungen zur Erzeugung bzw. Festigung von Machtstrukturen, Abhängigkeiten oder beispielsweise in pathologischen „Borderline-“ oder „narzisstischen“ Beziehungen.

Bateson et al. (1984) formulieren sechs notwendige Kriterien für eine pathogene double bind-Situation:

  1. mindestens zwei beteiligte Personen
  2. wiederholte Erfahrung der Situation beim Opfer
  3. primäres negatives Gebot
  4. sekundäres Gebot, das im Widerspruch zum ersten steht
  5. tertiäres Gebot, welches das Verlassen der Situation verhindert
  6. Verinnerlichung der Struktur beim Opfer als „normal“
  1. Wilhelm Arnold: Lexikon der Psychologie Bd. 2. H – Psychodiagnostik. Bechtermünz, Augsburg 1997, ISBN 3-86047-508-8.
  2. Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien. 11., unveränd. Auflage. H. Huber, Bern 2007, ISBN 3-456-83457-8.
  3. a b Christiane Sautter, Alexander Sautter: Wege aus der Zwickmühle: Doublebinds verstehen und lösen. 1. Auflage. Verlag für Systemische Konzepte, Wolfegg 2005, ISBN 3-9809936-1-2.
  4. Jurgen Ruesch, Gregory Bateson, Paul Watzlawick, Fritz B. Simon: Kommunikation die soziale Matrix der Psychiatrie. 2., korr. Auflage. Carl Auer, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-89670-836-6.
  5. Annette Schlemm: Double Bind. Abgerufen am 2. September 2017.
  6. Friedemann Schulz von Thun: Störungen und Klärungen: allgemeine Psychologie der Kommunikation. Originalausg., Sonderausg. Apr. 2001 Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-17489-8.
  7. Rolf Merkle: Double-Bind. In: Psychologie-Lexikon. Abgerufen am 2. September 2017.
  8. Tobias Bannert: Double-Bind-Kommunikation. Abgerufen am 2. September 2017.
  9. Angelika Kutz: Double-Bind-Kommunikation als Burnout-Ursache – Ein Theorie-Vorschlag zu Auswirkungen toxischer Kommunikation in Organisationen. Springer-Verlag 2018. 978-3-658-21916-1
  10. Angelika Kutz: Toxische Kommunikation als Krankheitsursache in Unternehmen: Das Double Bind-Phänomen – eine Einführung für Führungskräfte, Berater, Coaches, (essentials) Taschenbuch – Springer-Verlag 2016. 978-3-658-12892-0
  11. Jürg Willi: Die Zweierbeziehung: Spannungsursachen, Störungsmuster, Klärungsprozesse, Lösungsmodelle: Analyse des unbewussten Zusammenspiels in Partnerwahl und Paarkonflikt: das Kollusionskonzept. 73.–75. Tausend Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1998, ISBN 3-499-60509-0.
  12. Angelika Kutz: Toxische Kommunikation als Krankheitsursache in Unternehmen. Das Double Bind-Phänomen – eine Einführung für Führungskräfte, Berater, Coaches. 1. Auflage. Springer-Verlag, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-12891-3.
  13. Jürg Willi: Die Zweierbeziehung: das unbewusste Zusammenspiel von Partnern als Kollusion. Überarb. und erw. Neuausg Auflage. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2012, ISBN 978-3-499-62758-3.

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